Forschung belegt, dass die sensorische Integration den Einsatz von bewegungseinschränkenden Massnahmen in der Psychiatrie reduzieren kann

Bewegungseinschränkenden Massnahmen (Zwangsmassnahmen) in der Psychiatrie sind ein grosses Problem für Patienten, Mitarbeiter und für die Gesellschaft. Ein Forschungsprojekt zeigt nun, dass die gezielte Arbeit mit sensorischer Integration und sensorischer Modulation die Anwendung von bewegungseinschränkenden Massnahmen in der psychiatrischen Behandlung reduzieren kann.

Konkret sehen einige der Ergebnisse des Projekts so aus:

  • Der Bedarf an Fixierungen reduzierte sich um 38%
  • Der Bedarf an Zwangsmedikation reduzierte sich um 46%
  • Insgesamt sank der Bedarf für den Einsatz von bewegungseinschränkenden Massnahmen um 42 %

Die forschende Ergotherapeutin Charlotte Andersen startete bereits 2013 ein Pilotprojekt, um zu klären, wie man durch sensorische Integration bewegungseinschränkenden Massnahmen in der Psychiatrie reduzieren kann. Und seitdem ist viel passiert. Das Pilotprojekt wurde abgeschlossen und zu einer Fallstudie erweitert. Dies belegt nun, dass den Einsatz von bewegungseinschränkenden Massnahmen in der Psychiatrie durch die systematische Arbeit mit sensorischer Integration, reduziert werden kann – der Forschungsartikel wurde 2017 im Nordic Journal of Psychiatry veröffentlicht.

Die Studie basiert auf der SPI-Methode, die unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Health Innovation Centre of Southern Denmark entwickelt wurde. Bei dieser Methode geht es darum, auf strukturierte Weise mit den menschlichen Sinnen zu arbeiten: Fühlen, Hören, Riechen, Schmecken, Sehen, Muskel-Gelenk-Sinn und Gleichgewichtssinn. Die Methode beinhaltet ein speziell entwickeltes Kursprogramm, so dass das Pflegepersonal lernt, Vorfälle von bewegungseinschränkenden Massnahmen zu verhindern, indem es den Patienten sinnesstimulierende Aktivitäten anbietet.

Der Forschungsartikel mit dem Titel «Applying sensory modulation to mental health inpatient care to reduce seclusion and restraint: a case control studio» wurde von Charlotte Andersen, Anne Kolmos, Kjeld Andersen, Volmar Sippel & Elsebeth Stenager geschrieben und im Nordic Journal of Psychiatry im Juni 2017 veröffentlicht.

Es beginnt mit dem untenstehenden Abstract und kann in seiner Gesamtheit hier erworben werden:

Background: Clinical training in managing conflicts and preventing violence seldom contains sensory modulation (SM) as a method to de-escalate and prevent restraint and seclusion. Sensory-based interventions promote adaptive regulation of arousal and emo-tion. SM is a complementary approach that is associated with reduced rates of seclusion and restraint in mental healthcare, but there is need for more research in this area.

Aims: Using SM to reduce restraint and seclusion in inpatient mental health care.

Methods: The study included two similar psychiatric units where one unit implemented SM and one unit served as the control group. In the very beginning of the study, a staff-training program in the use of SM including assessment tools and intervention strategies was established. Data on restraint and forced medicine were sampled post the course of the year of implementation and compared with the control group.

Results: The use of belts decreased with 38% compared to the control group. The use of forced medication decreased with 46% compared to the control group. Altogether the use of physical restraint and forced medication decreased significantly with 42% (p < .05).

Conclusions: Implementing a SM approach in mental healthcare facilities has a signifi-cant effect on the reduction of restraint and seclusion. As a part of the implementation, staff training and education in SM are crucial.

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